Geologen kritisieren Prognosen des UN-Klimarates
Bis zum Ende des Jahrhunderts werde der Meeresspiegel global um 0,8 bis 1,5 Meter ansteigen. So lautet das Ergebnis einer Forschungsarbeit von Geologen des Proudman Oceanographic Laboratory (POL) http://www.pol.ac.uk um Svetlana Jevrejeva, die im Rahmen der Generalversammlung der European Geosciences Union http://www.copernicus.org/egu vorgestellt wurde. Die Forscherin, die sich seit einigen Jahren mit der Erforschung historischer Veränderungen des Meeresspiegels beschäftigt, stimmte so in den Kanon derer ein, die die Vorhersage des UN-Klimarates IPCC für zu konservativ halten. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) http://www.ipcc.ch prognostiziert einen Anstieg von nur 18 bis 79 Zentimetern bis zum Jahr 2100.
Jevrejeva ist Teil eines britisch-finnischen Forscherteams, das ein Computermodell entwickelt hat, welches die Temperaturveränderungen der vergangenen zwei Jahrtausenden in Beziehung setzt. „In den letzten 2.000 Jahren war der Meeresspiegel sehr stabil, er schwankte nur um rund 20 Zentimeter“, fasst die Forscherin die Ergebnisse zusammen. Im 18. Jahrhundert sei der Meeresspiegel im Durchschnitt um zwei Zentimeter gestiegen, im 19. Jahrhundert um sechs Zentimeter und im vergangenen Jahrhundert schließlich um 19 Zentimeter. Dieser schnelle Anstieg sei als eine Folge der abschmelzenden Gletscher anzusehen.
Das Forscherteam habe das beschleunigte Schmelzen der polaren Eismassen mit in ihr Modell integriert, im Gegensatz zur IPCC. Voraussetzung für das Eintreten der IPCC-Prognose – und nicht etwa höherer Werte – ist, dass sich das Abschmelzen an Nord- und Südpol nicht weiter beschleunigt. Eine Annahme, die viele Forscher, wie auch Jevrejeva und ihre Kollegen, als nicht haltbar ansehen. Satellitenaufnahme würden aber mittlerweile nahe legen, dass die Eisflächen in Grönland und der Westantarktis weitaus schneller abschmelzen, als bisher angenommen.
Vor allem für flache Küstenländer könnte ein derartig schneller Anstieg des Meeresspiegels, wie ihn die Forscher vom POL voraussagen, dramatische Folgen haben. „Wenn der Meeresspiegel um einen Meter steigt, werden 72 Millionen Chinesen und zehn Prozent der vietnamesischen Bevölkerung umgesiedelt werden müssen“, führt Jevrejeva aus. „Bis zu 90 Prozent der Fläche von Bangladesh befinden sich innerhalb eines Meters über dem Meeresspiegel“, fügt Simon Holgate, ebenfalls am POL tätig, hinzu.
Quelle: pressetext.austria