Mikroben erhalten Energie aus eisenhaltigem Felsgestein
In Tiefen von rund 2.500 Metern hat ein Team von US-Meeresforschern der Woods Hole Oceanographic Institution http://www.whoi.edu und der University of Southern California http://www.usc.edu im äquatorialen Ostpazifik und bei Hawaii einen bislang unbekannten aber äußerst artenreichen Lebensraum entdeckt. Bei Tauchfahrten und genetischen Analysen stießen die Forscher auf ungewöhnlich hohe Bakterien-Konzentrationen im Basaltgestein. Auf dem Gestein vulkanischen Ursprungs siedeln 1.000 bis 10.000 Mal so viele Mikroorganismen wie im Meerwasser. Zudem überraschte das Biotop mit einer großen Artenvielfalt. Insgesamt 21 Bakteriengruppen konnten die Forscher identifizieren, weit mehr als in anderen pazifischen oder atlantischen Gebieten. Über ihren Fund berichtet das Team im Wissenschaftsmagazin Nature.
Das Untersuchungsgebiet der Wissenschaftler ist Teil des Mittelozeanischen Rückens, an dem basaltische Lava ausfließt und ständig neuer Meeresboden gebildet wird. Das kühle Meerwasser schreckt die austretende Lava ab und sie erstarrt zu stark eisenhaltigem Gestein, das sehr witterungsanfällig ist und im Laufe der Zeit durch Reaktion des enthaltenen Eisens mit der Meerwasser regelrecht verrostet. Bisher galten diesen unterseeischen Gebirge als unwirtlicher Lebensraum.
„Eine solche hohe Konzentration von Mikroorganismen wäre nicht ungewöhnlich, wenn das Sediment reich an organischer Substanz wäre, die die Organismen zur Herstellung von Biomasse nutzen können“, sagt Co-Autor Wolfgang Bach von der Zentrale für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen http://www.marum.de gegenüber pressetext. „Bei Laven ist aber so gut wie kein organischer Kohlenstoff vorhanden.“ Mikroorganismen können in diesen Lebensräumen zur Herstellung von Biomasse nur anorganischen Kohlenstoff nutzen. Vorhergehende Untersuchungen und Inkubationsversuche hätten aber gezeigt, dass dennoch Bakterienansiedlungen in den unterseeischen Felsen möglich sind. „In unseren Versuchen hat sich sehr wohl ein Wachstum gezeigt. Es scheint, dass das Basaltgestein, das bei der Reaktion des enthaltenen Eisens mit Sauerstoff einiges an Energie freisetzt, ein gutes Substrat für Mikroorganismen ist“, erklärt Bach. Die genetischen und statistischen Untersuchungen vor Ort hätten dann auch belegt, dass die Basalt-Biotope deutlich vielfältiger sind als Bakteriengemeinschaften in anderen Ozeanregionen.
Welchen Einfluss diese unbekannte Vielfalt an Mikroorganismen in der Tiefsee auf Stoffwechselkreisläufe in den Ozeanen und das Klima hat, gelte es in der Folge genauer zu untersuchen. „Die Bakterien der Basalt-Biotope bilden eine Schnittstelle zwischen belebter und unbelebter Meeresumwelt, zwischen Biosphäre und Geosphäre“, sagt Bach. „Wie schnell Meeresboden verwittert, wird von den hochspezialisierten Mikroorganismen entscheidend mitbestimmt. Dieser Prozess sei beispielsweise eine wichtige Quelle für den Kalziumgehalt des Meeres, der wiederum darüber entscheidet, wie viel Kohlendioxid der Ozean aufnehmen kann. „Zwar müssen jetzt nicht alle Klimamodelle umgeschmissen werden, für längerfristige Klimazyklen könnte unser Fund aber schon relevant sein“, meint Bach abschließend.
Quelle: pressetext.austria