Internationales Forschungsprojekt zur Genomsequenzierung gestartet
Die positive ökologische und wirtschaftliche Bedeutung von Seegras wird immer noch unterschätzt. Von vielen nur als störendes Grünzeug wahrgenommen, spielen die Meerespflanzen in der Meeresökologie eine wichtige Rolle. Ein europäisch-amerikanisches Konsortium geht nun in einem Forschungsvorhaben einigen offen Fragen rund um die Pflanzen auf den Grund. Über die Genomsequenzierung des Großen Seegrases (Zostera marina) wollen Forscher Aufschlüsse über die evolutionäre Anpassung der Wasserpflanzen gewinnen. Das Forscherteam wird von Jeanine Olsen von der niederländischen Universität Groningen geleitet. Zwei Wissenschaftsteams der Universität Münster http://www.uni-muenster.de sowie eines des Leibniz Institutes für Meereswissenschaften Kiel http://www.ifm-geomar.de arbeiten ebenso mit. Die Sequenzierung übernimmt das Joint Genome Institute in Kalifornien (USA).
„Seegras hat für die Meeresökologie eine enorme Bedeutung“, meint Thorsten Reusch vom Institut für Evolution und Biodiversität der Universität Münster im pressetext-Interview. Obwohl es wenig direkt konsumiert wird, fällt ihm eine Rolle zu, die ähnlich ist wie Bäume in einem Wald und deren Laubstreu. Man könne die Bedeutung der Pflanzen auch so beschreiben, meint der Wissenschaftler: „Ohne Seegras ist der Meeresboden nur ein zweidimensionaler Sandgrund. Mit Seegras handelt es sich hingegen um einen reich strukturierten dreidimensionalen Lebensraum.“ Seegraswiesen bilden Brutplätze für Fische, Verstecke für Jungfische und Lebensraum für Muscheln, Schnecken und Krebse. In den vergangenen Jahren sind weltweit Seegraswiesen – vor allem durch Überdüngung – stark zurückgegangen. Daran sei einerseits ein diffuser Nährstoffeintrag schuld, aber auch die chronisch überhöhten Nährstoffe, die über die Atmosphäre ins Wasser gelangen.
Die Genomsequenzierung soll vor allem Aufklärung über die evolutionäre Entwicklung der Pflanzen geben. „Wir erhoffen uns auch Hinweise auf die genetischen Vorraussetzungen zur Toleranz bei höheren Temperaturen.“ Zostera ist eine Spezies, die nur in den gemäßigten Klimazonen vorkommt. In wärmeren Gewässern dominieren andere Arten. Im Hinblick auf die Klimaerwärmung in vielen marinen Lebensräumen sei es daher wichtig, zu wissen, wie diese Art auf veränderte Temperaturen reagieren.
Berechnungen eines internationalen Forscherteams um Robert Costanza vor einigen Jahren haben ergeben, dass der ökonomische Wert von Seegraswiesen mit mehr als 19.000 Dollar im Jahr beziffert wurde. Die Gründe dafür liegen in der großen Aufnahmekapazität von Nährstoffen, die sonst Überdüngung von Meeresgebieten verursachen würden. „Dabei wurde die Klimawirksamkeit nicht einmal miteinberechnet“, betont Reusch. Im Vergleich dazu, schnitt ein Hektar Regenwald mit etwas mehr als 2.000 Dollar pro Hektar relativ niedrig ab. Reusch verweist zusätzlich auf die Bedeutung der Seegraswiesen zur Abmilderung starker Flutwellen. Durch die Klimaerwärmung sind die Pflanzen möglicherweise bedroht. Wärmetolerante Bestände aus südlichen Regionen könnten eine „genetische Rettung“ für nördlichere Bestände sein, so die Forscher.
Auch für die Biotechnologen ist die Genomsequenzierung von großem Interesse, wie dies Michael Hippler vom Institut für Biochemie und Biotechnologie der Pflanzen an der Universität Münster gegenüber pressetext bestätigt. „Wir sind sehr an der Physiologie der Pflanzen interessiert. Das besondere Interesse gilt hier dem Proteom“, erklärt Hippler.
Quelle: presstrext.austria