Sexduft führt invasive Fische in die Falle

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Synthetisches Pheromon zur Bekämpfung von Neunaugen

Seit mehr als 200 Jahren sorgen versehentlich eingeschleppte Meeresneunaugen (Petromyzon marinus) in den Großen Seen für große Probleme, weil sie dort lebende Arten stark zurückdrängen. Nun haben Forscher der Michigan State University ein künstliches Pheromon entwickelt, das die weiblichen Tiere direkt in die Falle lockt. In der Wissenschaft ist dies das erste Mal, dass Sexlockstoffe auch gegen Wirbeltiere und nicht nur gegen Insekten eingesetzt werden, berichten die Forscher im Wissenschaftsmagazin PNAS. 

Meeresneunaugen, die sich mit einem breiten Saugmaul vom Muskelgewebe und Blut anderer Fische ernähren, werden bis zu 1,2 Meter lang. Seit ihrer Einschleppung in den Großen Seen haben sie an dort heimischen Fischarten große Schäden angerichtet, da sie ihre Opfer sehr oft töten und keine Fressfeinde haben. Sämtliche Versuche die Tiere auszurotten sind bisher fehlgeschlagen. Das Kontrollprogramm zur Eindämmung der Invasoren kostet jährlich mehr als zehn Mio. Euro. Das Forscherteam um Weiming Li von der Michigan State University in East Lansing hat nun geschafft, was anderen Forschern nicht möglich war: Die Forscher platzierten in einem Zufluss, in dem die Tiere sich paaren, eine Falle mit einem künstlichen Pheromon, in der die paarungswilligen Weibchen gefangen wurden.

„Es gibt weiträumige Studien über Pheromone. Die Wissenschaftler haben aber immer angenommen, dass komplexere Lebewesen auch komplexere Strukturen aufweisen und nicht auf ein einziges bestimmtes Pheromon reagieren.“ Die Forscher hatten den Lebenszyklus der Neunaugen genau studiert, ehe sie sich an die Arbeit machten: Anders als Lachse, die zu ihrem Geburtsort zurückkehren, wandern die Neunaugen jeden passenden Fluss aufwärts. Dort paaren sie sich und sterben dann. Möglicherweise spielen bei der Wahl der Paarungsumgebung auch Pheromone eine Rolle.

Die Problematik der Meeresneunaugen, die sich an das Leben in den Großen Seen so angepasst haben und keinen Ozean mehr zum Überleben brauchen, ist den Wissenschaftlern nicht unbekannt. „Aber nicht alle fremden Arten sind zugleich auch Invasoren“, erklärt David Roy vom britischen Centre for Ecology and Hydrologyhttp://www.ceh.ac.uk. Um als „Invasor“ zu gelten, müsse eine Art einen wirtschaftlichen Schaden anrichten oder die lokale Biodiversität bedrohen. Das ist beim Meeresneunauge in den Großen Seen der Fall. Auch in Europa ist das Problem bekannt. In der europäischen Datenbank DAISIE http://www.europe-aliens.org über gebietsfremde biologische Arten, so genannte Neobiota, sind rund 11.000 solcher Arten gelistet. Neben den derzeit bekannten Spezies sind auch jene berücksichtigt, die in Zukunft eventuelle Invasoren sein könnten. 

„Wir sind erstaunt gewesen über die große Anzahl von Neobiota“, meint Franz Essl von der Naturschutzabteilung des Umweltbundesamtshttp://www.umweltbundesamt.at gegenüber pressetext. Auch in Europa kommen die meisten eingeschleppten Arten auf dem Land- oder Seeweg in ihre neue Heimat“. Der globale Flugverkehr trägt ebenso dazu bei, dass immer häufiger fremde Tiere hierher kommen. Die Verkürzung der Transportwege fördert eine Ausbreitung natürlich.“ Von den insgesamt 11.000 bei DAISIE gelisteten Arten wurden mehr als 6.000 Spezies absichtlich nach Europa gebracht