Weltweite Untersuchung macht auf massiven Verlust aufmerksam
Ein internationales Forscherteam warnt vor dem immer massiveren Verlust von Seegraswiesen. Weltweit sind rund 58 Prozent der Seegraswiesen im Verschwinden. Das wertvolle Ökosystem schützt die Küsten vor Erosion und ist zudem ein wertvoller Lebensraum für zahlreiche Meerestiere. Ähnlich wie Korallenriffe sind auch diese Habitate durch Umweltverschmutzung stark bedroht, berichten Forscher im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences. Das Team hat mehr als 215 Studien und 1.800 Beobachtungen, die bis ins Jahr 1879 zurückreichen, aufgearbeitet.
Das Forscherteam um William Dennison von der University of Maryland Center for Environmental Science http://www.umces.edu hat festgestellt, dass jährlich etwa 110 Quadratkilometer Seegraswiesen verloren gehen. „Die Kombination aus immer stärker wachsenden Städten, künstlich verdichteten Uferlinien und immer kleiner werdenden Naturgebieten haben die Küstenregionen aus dem natürlichen Gleichgewicht gebracht. Alle 30 Minuten verschwindet auf der Welt ein Seegrasbett in der Größe eines Fußballplatzes“, so Dennison.
Seegras habe für die Meeresökologie eine enorme Bedeutung betont auch Thorsten Reusch vom IFM-Geomar http://www.ifm-geomar.de im pressetext-Interview. „Obwohl das Seegras wenig direkt konsumiert wird, fällt ihm eine ähnliche Rolle wie Bäume im Wald und deren Laubstreu zu „, betont der Forscher. „Ohne Seegras ist der Meeresboden nur ein zweidimensionaler Sandgrund. Mit Seegras handelt es sich hingegen um einen reich strukturierten dreidimensionalen Lebensraum.“ Seegraswiesen bilden Brutplätze für Fische, Verstecke für Jungfische und Lebensraum für Muscheln, Schnecken und Krebse. In den vergangenen Jahren sind Seegraswiesen – vor allem durch Überdüngung – weltweit stark zurückgegangen. „Daran ist einerseits ein diffuser Nährstoffeintrag schuld, aber auch die chronisch überhöhten Nährstoffe, die über die Atmosphäre ins Wasser gelangen“, erklärt Reusch.
„Das Katastrophale am Verschwinden der Seegraswiesen ist die Tatsache, dass dort so viele marine Lebewesen ihre Brutstätte haben“, meint Robert Orth vom Virginia Institute of Marine Science of the College of William and Mary http://www.vims.edu. „Die Konsequenz aus diesem kontinuierlichen Verlust betreffen vielfach auch jene Regionen, in denen kein Seegras wächst, da die Seegraswiesen Energie in Form von Biomasse und Tieren an andere Ökosysteme wie etwa Korallenriffe oder Schwemmländer weitergeben“, so Orth. „45 Prozent der Weltbevölkerung, die auf fünf Prozent der Landfläche in Küstenregionen leben, machen auf die Seegraswiesen einen ziemlichen Druck“, meint Tim Carruthers von der University of Maryland Center for Environmental Science. Bekannt ist seit Jahren, dass den Seegraswiesen zudem auch noch eine wichtige Rolle als Aufnehmer von Nährstoffen spielen. Ohne Seegraswiesen würde es wesentlich schneller zu einer Überdüngung von Meeresgebieten kommen.“ Reusch betont, das den Seegraswiesen zudem auch eine Bedeutung zur Abmilderung der Küstenerosion zukommt. „Außerdem spielen die Seegraswiesen eine entscheidende Rolle für die Abfederung der Klimaerwärmung“, erklärt der Forscher.