Menschen verschmutzen Meere mit zu vielen Geräuschen
Die Welt unter der Wasseroberfläche ist längst nicht mehr die „Stille Welt“ – wie sie in der 1956 erschienenen Film-Dokumention von Jacques Yves Cousteau und Louis Malle genannt wurde. Öl- und Gasbohranlagen, Schiffsmotoren und Sonarsysteme verschmutzen die Unterwasserwelt mit Geräuschen. Doch auch ohne menschliche Einwirkung ist die Welt unter Wasser keineswegs still, haben Forscher der niederländischen Universität Leiden http://www.science.leidenuniv.nl entdeckt.
„Menschliche Aktivitäten machen den Fischen das Leben schwer, denn diese sind nicht – wie von manchen vermutet – gehörlos, sondern können zum Teil sogar sehr gut hören“, so der Biologe Hans Slabbekoorn gegenüber pressetext. „Fische besitzen Hörorgane im Inneren ihres Körpers, die ebenso wie das menschliche Ohr Haarzellen haben. Zudem ist auch das Seitenlinien-Organ ein Hörorgan“, erklärt der Forscher, dessen Studie im Fachmagazin Trends in Ecology and Evolution erschienen ist.
Kommunikation unter Wasser
„Der große Vorteil unter Wasser ist, dass Flüssigkeiten Schallwellen wesentlich besser leiten als Luft“, erklärt der Biologe. Das lege die Vermutung nahe, dass Geräusche und Laute von Meerestieren zu verschiedenen Zwecken genutzt werden. „In der Zwischenzeit ist etwa bekannt, dass viele Fische Laute zur Kommunikation nutzen. Von Korallenriffen ist bekannt, dass Geräusche Fischlarven anlocken, um den Weg ins Riff zu finden. Einige Fische nutzen Laute aber auch, um Beute aufzuspüren oder sich vor Fressfeinden zu schützen.“
„Eine eben erst beendete Studie von Cichliden aus dem ostafrikanischen Viktoria See hat gezeigt, dass Weibchen, wenn sie auf der Suche nach einem Geschlechtspartner sind und unter zwei identisch großen Männchen wählen können, die Wahl des Männchens von akustischen Signalen abhängig machen“, erklärt Slabbekoorn.
Hörorgane von Fischen zu wenig erforscht
„Aller Wahrscheinlichkeit nach, orientieren sich Fische in der ewig dunklen Tiefsee auch mit akustischen Signalen“, meint der Biologe. Das nimmt er auch für die epischen Wanderungen von Aalen von Mitteleuropa in die 6.000 Kilometer entfernte Sargasso-See an. „Es ist bekannt, dass Aale Laute erzeugen können,“ so Slabbekoorn. Die Bedeutung der Laute und wie sie eingesetzt werden, sei bisher jedoch unbekannt.
Für den Forscher ist es durchaus vorstellbar, dass die akustische Kommunikation einiger Fischarten nur während der Paarungs- oder Laichzeit eine Rolle spielt. „Es gibt viel zu viele Lücken im Wissen“, betont der Biologe. Erwiesen ist bisher, dass vor der Erfindung der Motoren Meeressäuger über Distanzen von 1.000 Kilometer miteinander kommunizieren konnten. Das sei heute durch den Lärm der Containerschiffe auf maximal zehn Kilometer beschränkt.
Unwissenheit über Lärm und Lärmquellen
Generell hören Fische Frequenzen zwischen 30 und 1.000 Hertz am besten, einige Spezies können auch 3.000 bis 5.000 Hertz hören. Zudem gibt es Fischarten die ähnlich wie Delfine sensibel auf Ultraschall reagieren. Bisher weiß man, dass mehr als 800 Fischarten von 109 Familien Laute produzieren und daher auch wahrnehmen können.
„Das bedeutet auch, dass menschlich erzeugte Geräusche das Potenzial haben, Fische zu stören. Weltweit nimmt mit dem Schiffsverkehr auch die Lärmbelastung zu. Alles das ist jedoch bisher nicht ausreichend erforscht“, erklärt der Wissenschaftler. Cousteau habe mit seinem Filmtitel jedenfalls nicht Recht gehabt, so der Biologe abschließend gegenüber pressetext