Tintenfische spähen Beute schon als Embryos aus

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Sepien nutzen visuelle Fähigkeiten bereits vor der Geburt

Es klingt wie aus dem Science-Fiction-Roman, was Forscher der Universität in Caen http://www.unicaen.fr entdeckt haben: Sepien können bereits als Embryos ihre zukünftige Beute identifizieren. Es ist das erste Mal, dass Forscher nachweisen konnten, dass Tiere bevor sie geboren werden, visuelle Fähigkeiten erlernen, berichten sie im Fachmagazin Animal Behaviour. 
Das Forscherteam um Ludovic Dickel hat das außergewöhnliche Verhalten bei Sepien (Sepia officinalis) in Gefangenschaft entdeckt. Die Wissenschaftler hatten im Becken, in dem die Tintenfischeier waren, in separaten Tanks Krabben eingesetzt. Die Embryos konnten die Krabben zwar sehen, sie allerdings nicht riechen oder hören. Die Sepien, die aus diesen Embryos schlüpften, bevorzugten sieben Tage nach der Geburt vermehrt Krabben als Beute. Offensichtlich können die Ungeborenen durch die transparente Eischale schon vor der Geburt sehen, vermuten die Forscher. Damit können sie offensichtlich zukünftige Beute bereits in diesem Stadium ausmachen. „Es ist das erste Mal, dass wir beweisen konnten, dass bereits Embryos visuell lernen“, meint Dickel.

Dass zahlreiche Embryos im Tierreich über sensorische Wahrnehmung verfügen, ist den Forschern bekannt: Möwen können den Alarmschrei ihrer Eltern schon im Ei erkennen, Lachs- und Froschembryos können chemische Signaturen ihres Heimatgewässers schon vor der Geburt erlernen. Bis jetzt war aber nicht bekannt, ob Embryos in irgendeiner Art und Weise visuelle Reize verarbeiten oder sogar daraus lernen können.

Im Versuch wurden die sieben Tage alten Sepien schließlich in ein Becken entlassen, in dem es neben den Krabben auch noch Garnelen – eine weitere Delikatesse – gab. Jene Sepien, die im Embryonalstadium keine Krabben gesehen hatten, stürzten sich auf die Garnelen. Offensichtlich hatten die Sepien, die bereits im ungeschlüpften Stadium Krabben zu Gesicht bekamen, diese als Beute erkannt und gespeichert. „Die Kopffüßer, zu denen auch die Sepien zählen, gehören zu den niederen Tieren mit den höchsten Hirnleistungen. Sie sind darüber hinaus auch sehr lernfähig“, meint der Biologe Jörg Ott vom Institut für Meeresbiologie an der Universität Wien http://www.univie.ac.at/marine-biology im pressetext-Interview.

„Grundsätzlich sind Tiere, die in strukturierten Lebensräumen leben und dort auf Beutefang gehen, eher lernfähig, als jene, die in großen freien Lebensräumen zuhause sind“, so Ott. „Die Verwandten der Sepia, die Kraken, gehören zu den intelligentesten Wirbellosen überhaupt. Ihre acht Arme können sie so präzise einsetzen, wie Menschen ihre Hände.“ Ein Oktopus ist in der Lage, das Verhalten eines Artgenossen – etwa das Öffnen eines verschlossenen Glases mit einem Beutetier – zu verstehen und nachzuahmen.

Dickels vorhergehende Untersuchungen haben deutlich gezeigt, dass selbst frisch geborene Sepien über ein extrem gutes Gedächtnis verfügen und sehr lernfähig sind. Das nunmehrige Forschungsergebnis habe das Forscherteam aber „vollständig erstaunt.“ Die Sepien-Eier, die am Beginn in einem Sack mit schwarzer Tinte stecken, werden mit zunehmender Reife transparenter. Die Ungeborenen verfügen also schon vor der Geburt über ein komplett funktionsfähiges Auge.

Quelle: pressetext.austria