DOs und DON’Ts Definition von Tauchtauglichkeit

DOs und DON’Ts – Definition von Tauchtauglichkeit


Von Dr. Jake Freiberger im aktuellen Alert Diver, dem Magazin der DAN Europe Foundation

„Die medizinische Definition von Tauchtauglichkeit ist keine genaue Wissenschaft. Wie in vielen anderen medizinischen Bereichen ist auch die Meinung über die Tauchtauglichkeit einer Person abhängig von deren persönlicher medizinischer Vorgeschichte und der jeweils geplanten Tauchart. Dafür existieren nur wenige eindeutige Kriterien, und umfangreiche Listen mit allgemeinen Vorschriften sind meist nicht sehr genau oder schränken zu sehr ein. Aus rechtlicher Sicht dürfen Sporttaucher in Nordamerika machen, was sie wollen, nachdem sie den Tauchschein erworben haben. Der Gesundheitszustand eines Tauchers kann sich jedoch mit der Zeit verändern und viele Taucher sind sich wichtiger, individueller Risikofaktoren nicht bewusst, besonders wenn sich diese in den Jahren (oder Jahrzehnten) nach Ablegen des Tauchscheins entwickelt haben.

Deshalb sollte eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung sowohl eine erzieherische/weiterbildende als auch eine untersuchende Funktion haben. Der Termin sollte dazu dienen, Taucher zu informieren und ihr Bewusstsein für potenzielle, gesundheitsbedingte Tauchrisiken zu schärfen. Dieser zweiteilige Artikel beschreibt eine Strategie zur Feststellung der Tauchtauglichkeit, basierend auf den geistigen und körperlichen Stärken und Schwächen des Einzelnen im Zusammenhang mit den geplanten Taucharten.

Der einzelne Kandidat wird zudem als potenzielles Mitglied eines Tauchteams betrachtet. Teil 1 befasst sich mit den vielen verschiedenen zur Verfügung stehenden Informationsquellen zum Thema Tauchtauglichkeit und mit den Problemen, die deren Anwendung mit sich bringt. Teil 2 (in einer zukünftigen Ausgabe) entwirft eine Strategie zu Bewertung einzelner Taucher. Außerdem befasst er sich mit einigen etwas problematischeren Themen wie speziellen Krankheiten und deren Auswirkungen auf die Tauchtauglichkeit.

Bestehende Vorschriften und Empfehlungen

Da jeder Taucher einzigartig ist, reichen präzise Listen mit medizinischen Einschränkungen oder Erkrankungen, die zur Nichterteilung der Tauchtauglichkeitsbescheinigung führen, nicht aus, um die allgemeine Tauchtauglichkeit festzulegen. Es existieren jedoch viele solcher Listen und es ist sinnvoll, die Richtlinien einiger Tauchorganisationen genauer zu betrachten. Auch für Berufs- und Forschungstaucher ist die Tauchtauglichkeit nicht durch ein Gesetz festgelegt, sondern wird von den verschiedenen Organisationen der Branche selbst geregelt. Jede Organisation bestimmt ihre eigenen Tauchtauglichkeitsstandards. Diese sind nicht alle gleich, was manchmal Verwirrung verursacht.
So haben zum Beispiel U.S. Coast Guard und die Occupational Safety and Health Administration eine Regulierungsbehörde für kommerzielle Tauchschiffe und -praktiken (OSHA 29 CFR 1910 Unterabteilung „T“, U.S. Coast Guard – 46 CFR 197.200), aber die OSHA regelt nicht, wer tauchen darf, sondern nur wo und wie man tauchen darf und mit welchen Geräten. Bei den meisten Berufstauchern ist eine Audiokommunikation mit der Oberfläche gesetzlich vorgeschrieben. Bricht diese Verbindung ab, wird der Tauchgang beendet. Die OSHA ordnet zwar eine medizinische Untersuchung an, aber wie diese durchgeführt wird, oder wie die Ergebnisse ausfallen müssen, ist nicht vorgeschrieben.

Beim kommerziellen Tauchen werden die genauen Angaben zur Tauchtauglichkeit den Organisationen der Branche überlassen. Jede Organisation verfügt über ihre eigenen Standards. Die Association of Diving Contractors (ADC) zum Beispiel verlangt alle zwei Jahre eine medizinische Untersuchung für Taucher unter 35 (ab 35 Jahren ist eine jährliche Untersuchung vorgeschrieben), sowie nach jeder Einlieferung ins Krankenhaus aufgrund von Tauchverletzungen. Die ADC-Untersuchung muss ein Elektrokardiogramm (EKG), Lungenfunktionstests (PFTs), ein Audiogramm und Röntgenaufnahmen der Knochen und Gelenke umfassen. Zur Disqualifizierung führen bei der ADC unter anderem Krämpfe (keine Fieberkrämpfe bei Kindern), Lungenkavernen, obstruktive oder restriktive Lungenerkrankung, Unfähigkeit, einen Druckausgleich durchzuführen, signifikante Hämoglobinopathien (Bluterkrankungen wie die Sichelzellenanämie), Diabetes, psychiatrische Erkrankungen, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Hörschäden (35 db < 3000hz) und Schwangerschaft. Die American Academy of Underwater Scientists verbietet das Tauchen Mitgliedern, bei denen eine Angina, Schwangerschaft, Epilepsie, Lungenzysten oder ein einlagiges Trommelfell vorliegt. Auch das Handbuch der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) enthält eine umfassende Liste, die das Tauchen untersagt bei Problemen mit Haut, Hals/Nase/Ohren, Lungen, Herzkreislauf, Mundraum, Verdauungstrakt, endokrinem System, Bewegungsapparat und Geburt sowie bei psychiatrischen, neurologischen, ophthalmologischen und hämatologischen Problemen. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass oben genannte Empfehlungen individuell interpretiert werden müssen und unter Umständen für die Bewertung eines besonderen Falles nicht nützlich sind. Die NOAA hat dieses Problem erkannt und empfiehlt, dass man sich im Falle von Fragen immer an DAN wenden kann. DAN kann jedoch nur zu bekannten medizinischen Fakten tauchspezifischer Erkrankungen Auskunft geben und die DAN-Ärzte können keine individuellen medizinischen Entscheidungen zur Tauchtauglichkeit treffen.

Sporttauchen

Das Sporttauchen ist weniger klar reguliert als das kommerzielle oder wissenschaftliche Tauchen. Weltweit existieren zahlreiche Organisationen, die Taucher zertifizieren und ihnen Flaschenfüllungen zugestehen. Einige Ausbildungsorganisationen wie die Professional Association of Diving Instructors (PADI), die National Association of Underwater Instructors (NAUI) und Scuba Schools International (SSI) haben vorgeschlagen, dass alle Schüler medizinische Fragebögen ausfüllen müssen, bevor sie mit ihrer Ausbildung beginnen. Wenn dabei irgendwelche Fragen mit „ja“ beantwortet werden, müssen die Schüler eine unterzeichnete medizinische Tauchtauglichkeitsbescheinigung vorlegen. Der Recreational Scuba Training Council (RSTC) wurde 1986 in den USA eingeführt, um minimale Ausbildungsstandards für Sporttaucher festzulegen, und so die allgemeine Sicherheit zu verbessern. Obwohl sich der RSTC hauptsächlich mit der Ausbildung befasst, verfügt er über ein „Medical Statement“, in dem Taucher über einige potenzielle Risiken des Tauchens aufgeklärt werden. Dieses Statement enthält einen medizinischen Fragebogen, der feststellen soll, ob ein Taucher vor Beginn seiner Ausbildung von einem Arzt untersucht werden sollte. Eine positive Antwort auf eine Frage hindert den Taucher nicht automatisch auch am Tauchen. Es bedeutet jedoch, dass eine bestehende Erkrankung vorliegt, die die Tauchsicherheit beeinträchtigen könnte, und dass vor dem Tauchen ein Arzt zu Rate gezogen werden sollte. Außerhalb der USA sind die Regeln unterschiedlich. In Großbritannien werden Taucher ohne medizinische Bescheinigung oder Untersuchung nicht ausgebildet. Das UK Sport Diving Medical Committee berät den britischen Sub-Aqua Club, die Sub-Aqua Association und den schottischen Sub-Aqua Club in Bezug auf medizinische Fragen, einschließlich der Tauchtauglichkeitsuntersuchung. Diese wird durch ein nationales Netzwerk von Medizinsachverständigen mit bescheinigter Erfahrung in der Tauchmedizin durchgeführt. Dabei gelten einheitliche medizinische Standards, die kontinuierlich überprüft werden, wenn neue Forschungsergebnisse zum Thema publiziert werden. Diese Standards sind angemessen und da das Tauchen in Großbritannien hauptsächlich in oben genannten Clubs stattfindet, können diese Regeln auch durchgesetzt werden. Auch wenn offensichtlich manchmal Verwirrung herrscht, ist es möglich festzustellen, ob eine Person tauchtauglich ist oder nicht.“

Über den Autor
Dr. Jake Freiberger ist qualifizierter Anästhesiologe, Notfallmediziner und Experte für Unterwasser- und Überdruckmedizin mit einem Master-Abschluss in „Gesundheitswesen in Umweltmanagement und Politik”. Er ist als behandelnder Arzt im Duke Center for Hyperbaric Medicine and Environmental Physiology tätig.